CO₂-Filterung:
Können wir das
Problem rückgängig
machen?
CO₂-Filterung:
Können wir
das Problem
rückgängig
machen?
Das ist nötig:
Laut einer Studie müssen, je nach menschlich verursachten CO₂-Ausstößen bis 2100, über den gesamten Globus bis zur nächsten Jahrhundertwende zwischen 450 und 1.100 Milliarden Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden.
Diese natürlichen CO₂-Mengen werden bereits – in der Natur – gespeichert:
Humusböden
Die Max-Planck-Gesellschaft gibt an, dass der Boden der wichtigste Kohlenstoffspeicher unserer Erde ist: Er besteht hälftig aus Kohlenstoff, der im Humus, also abgestorbenen bzw. umgewandelten Pflanzenresten, gebunden ist. Die Heinrich-Böll-Stiftung dokumentiert, dass in unseren Böden mehr Kohlenstoff enthalten ist, als in allen Pflanzen der Erde und der Atmosphäre zusammen. Gleichzeitig setzen diese Böden auch viel CO₂ frei. Mikroorganismen wandeln Teile des darin enthaltenen Kohlenstoffes um und geben ihn als Kohlenstoffdioxid wieder in die Atmosphäre ab. Diese Prozesse werden neuen Erkenntnissen zufolge durch die Erderwärmung beschleunigt und die Mikroorganismen sorgen für eine immer stärkere CO₂-Abgabe. Die Messung dieser ist allerdings komplex, sodass sich Schätzungen über die künftigen Mengen schwierig gestalten.
Durch den aktuell betriebenen Landwirtschaftsstil sind unsere Böden u. a. aufgrund von Bodenerosionen stark gefährdet und der Kohlenstoff bindende Humus geht verloren.
Moore
Zu den außerordentlich bedeutenden Böden zur Kohlenstoffspeicherung zählen unter anderem Moore: Der NABU bezeichnet sie als die effektivsten Kohlenstoffspeicher an Land. Laut diesem binden die Moore, welche nur 3 % der globalen Landfläche innehaben, ca. 33 Prozent des Kohlenstoffs an Land.
Leider werden Moore nach wie vor noch zerstört, wobei sich der Kohlenstoff zu CO₂ wandelt, welches in die Atmosphäre geht – ebenso das klimaschädliche Lachgas.
Permafrost
Forscher fanden heraus, dass die dauergefrorenen Permafrostböden weltweit 1300 Milliarden Tonnen reinen Kohlenstoff halten. Zum Vergleich: 2018 lag der CO₂-Ausstoß bei 36,6 Milliarden CO₂-Tonnen. 1t Kohlenstoff entspricht ungefähr 3,6t Kohlenstoffdioxid. Damit hält Permafrost momentan die 127-fache Menge an CO₂-Äquivalenten der gesamten Emissionen im Jahr 2018!
Wenn der Permafrost taut, fangen die Mikroorganismen an zu arbeiten und setzen dabei große Mengen an CO₂ und Methan frei. Das hätte eine um 0,3 Grad Celsius höhere Durchschnittstemperatur zufolge, womit wir das 1,5 Grad-Ziel bereits nicht mehr erreichen könnten …
Wälder
Wälder bedecken weltweit ungefähr 30 Prozent unserer Landoberfläche. Insgesamt speichern alle Pflanzen weltweit 700 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Dazu kommt noch die besondere Bedeutung von Pflanzen insgesamt: Durch die Photosynthese sind sie die einzigen Lebewesen, die CO₂ aus der Luft herausfiltern können. Dies ist die Grundlage für Humus, den Torf der Moore und Co. Außerdem wirken Wälder quasi als Klimaanlagen der Erde und kühlen durch Wasserverdunstung die Atmosphäre. Diese essenziellen Funktionen sind durch die massive Waldrodung extrem bedroht.
Meere
Auch im Wasser wird Kohlenstoff gespeichert: Laut NABU nehmen die Ozeane weltweit den meisten Kohlenstoff überhaupt auf. Sie liefern je nach Schätzung 50 bis 70 Prozent des Sauerstoffs auf der Erde.
An der Kohlenstoffspeicherung im Meer sind zwei Prozesse beteiligt:
- Phytoplankton, Algen und Seegräser arbeiten ganz ähnlich wie Bäume: Durch Photosynthese wandeln sie CO₂ in somatische Verbindungen um.
- Die Meere lösen Kohlenstoffdioxid durch einen Transfer mit der Atmosphäre. Daraus entsteht primär Hydrogencarbonat. Ob der Ozean CO₂ aufnimmt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Den stärksten Einfluss haben dabei die CO₂-Konzentration in der Luft und die Wassertemperatur. Je niedriger ersteres und je höher letzteres, desto schwieriger ist es für die Ozeane, Kohlenstoffdioxid aufzunehmen.
Allerdings passiert das alles nicht ohne problematische Nebenwirkungen für die Umwelt: Den Korallen mangelt es an Karbonat, das sich an den Kohlenstoff bindet. Außerdem versauern die Meere. Auch fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas binden seit jeher CO₂. Mit der Verbrennung dieser geben wir in geringen Zeiträumen große Mengen an Kohlenstoff in Form von CO₂ frei, welches über Jahrmillionen gebunden wurde. Dies zu reduzieren, wäre bereits ein bedeutsamer Schritt in Sachen CO₂-Bindung.
Diese Potenziale gibt es noch:
Zusätzlich zu den bereits gespeicherten Kohlenstoffbeständen muss das Ziel sein, jedes Jahr weitere Mengen aufzunehmen. Einige Möglichkeiten listen wir hiermit auf:
- Pflanzenkohle: 0,3-6,6 Milliarden Tonnen
- Humus 2-5 Milliarden Tonnen
- Methoden der Landnutzung (Moore etc.) bereits heute 2 Milliarden Tonnen
- Aufforstung von Wäldern 3,6 Milliarden Tonnen
- Steinstaub 2-4 Milliarden Tonnen
Nachfolgend führen wir einige dieser Methoden weiter aus bzw. stellen noch zusätzliche vor:
Terra Preta
Forscher haben einen weiteren Weg gefunden, um Kohlenstoff zu speichern: Terra Preta. Die nährstoffreiche Schwarzerde ist im Regenwald des Amazonas beheimatet. Die stark kohlenstoffhaltige Erde entsteht unter Isolierung von Luft durch Grünabfälle und Pflanzenkohle. Diese Pflanzenkohle können Mikroorganismen nur schwer zersetzen, der Kohlenstoff ist also ziemlich sicher und langfristig gebunden. Man könnte Terra Preta auch als eine Art permanenten Humus bezeichnen.
Unterirdisches Speichern
Das unterirdische Speichern ist eine Methode, die wesentlich mehr CO₂ binden könnte. Es wird beispielsweise in Norwegens Ölfeldern praktiziert. Dieses Mittel ist aber auch umstritten, weil das CO₂ im Untergrund zu Erdbeben führen und langfristig entweichen kann.
Direct Air Capture
Zunächst wird das CO₂ mithilfe chemischer Prozesse aus der Umgebungsluft gewonnen. Einige der Anlagen für das sogenannte Direct Air Capture existieren bereits in Europa. Die Prozedur des Direct Air Capture ist simpel: Luft wird von einem Kollektor angesaugt und durch einen Filter geblasen. Dieser adsorbiert das CO₂. Sobald dieser Filter komplett mit CO₂-Molekülen beladen ist, wird der Kollektor geschlossen und der Filter auf 100 °C erhitzt. Die Moleküle lösen sich, werden aufgefangen und ihrem Verwendungszweck zugeführt.
Die Palette der Nutzungsmöglichkeiten ist breit: von Kühlmittel für Autos über synthetische Treibstoffe bis zu Kohlensäure in Mineralwässern und Dünger für Gewächshäuser. Das Potenzial ist groß, da es keine Mengenbegrenzung gibt.
Mit geschätzten Kosten zwischen 100 und 300 US-Dollar pro CO₂-Tonne ist die Technologie allerdings sehr preisintensiv. Beispielsweise ist die Wiederaufforstung mit nur etwa 50 US-Dollar pro Tonne CO₂ merklich kostengünstiger.
Einige Forschende sagen voraus, dass mit einer Massenproduktion der Anlagen zur Kohlenstoff-Abscheidung die Preise bis 2050 auf den heutigen Kostenstand der Wiederaufforstung sinken könnten.
Die Technik gilt als eine Schlüsseltechnologie für den Umweltschutz. Große Vorteile sind eine quasi unendliche Skalierbarkeit, Standortunabhängigkeit und ein sehr geringer eigener CO₂-Fußabdruck. Eine unabhängige Studie legt dar, dass eine gängige Climeworks-Anlage während ihres ganzen Werdegangs (inklusive Bau, Betrieb und Recycling) weniger als 10 % des gesammelten Kohlendioxids wieder ausstößt.
Biomasse
Eine zusätzliche Möglichkeit zur CO₂-Verringerung funktioniert mittels Biomasse. Pflanzen werden angebaut und im Kraftwerk verfeuert, um Strom zu produzieren. Dem Abgas wird dann CO₂ entzogen und tief in der Erde eingelagert.
Die größte Herausforderung dieser Technik (BECCS) ist der immense Flächenbedarf. Experten zufolge wird sie deshalb nur eine untergeordnete Rolle einnehmen.
Mit Mineralien CO₂ im Steinstaub binden
Bei dieser Vorgehensweise werden Karbonat- und Silikatgesteine abgebaut, gemahlen und auf Agrarböden oder ins Meer ausgebracht. Im Laufe der Jahre bindet sich durch natürliche Prozesse CO₂ an diesen Steinstaub und wird eingelagert.
Mit dieser Methode liegt das CO₂-Bindungspotential laut Forschungsergebnissen bei zwei bis vier Milliarden Tonnen pro Jahr.
Doch auch hier gilt es, Nebenwirkungen zu beachten: Bei dieser Methode stehen die zerstörerischen Auswirkungen der Bergbauanlagen zur Gewinnung der Karbonat- und Silikatgesteine als Negativpunkt den posititv zu bewertenden CO2-Einsparungen gegenüber.
Ähnlich, aber vermutlich mit weniger Nebenwirkungen, funktioniert Climeworks neueste Anlage „Orca“. Bei dieser wird das gesammelte und gefilterte CO₂ von Climeworks Storage-Partner Carbfix mit Wasser vermischt und in unterirdische Basalt-Fels-Formationen injiziert. Durch einen natürlichen Prozess reagiert das CO₂ mit dem Basalt und mineralisiert innerhalb von zwei Jahren. Dort wird das Treibhausgas dauerhaft gebunden.
Fazit
Wenn das in Paris vereinbarte Klimaziel einer Limitierung der Erderwärmung um maximal 1,5 °C erreicht werden soll, muss die Erdatmosphäre bis 2050 jedes Jahr von 6 bis 10 Milliarden Tonnen CO₂ gereinigt werden.
Das erste Direct-Air-Capture-Modell schaffte ca. 900 Tonnen CO₂ jährlich, „Orca“ bereits 4.000 Tonnen. Trotz dieser Vervierfachung und auch wenn die E-Mobilität gezeigt hat, wie schnell eine Technologie voranschreiten kann, liegen die benötigten Zahlen noch unfassbar weit entfernt. Kurz- und mittelfristig sind sonstige Mittel und Wege also alternativlos. Ein großer Fokus muss auf dem Erhalt der natürlichen CO₂-Binder liegen – allen voran des Permafrostbodens. Des Weiteren muss oberste Priorität sein, diese naturbasierten Möglichkeiten zu nutzen und auszubauen, ebenso andere schnell umsetzbare Lösungen. Auch an einer Reduzierung bzw. Eingrenzung der CO₂-Emissionen durch unser tagtägliches Handeln, Produzieren und Verwerten führt kein Weg vorbei.
Langfristig sind Prozeduren wie Direct Air Capture allerdings unabdingbar und aufgrund des immensen Bedarfs muss bereits heute mit Hochdruck daran geforscht werden. Es braucht die parallele Arbeit an verschiedenen Lösungen, um summa summarum möglichst viel CO₂ zu binden. Hier muss auch die Politik entsprechend unterstützen und Rahmenbedingungen schaffen.
Welche Einflussmöglichkeiten hast du als Privatperson?
Für den Erhalt und Aufbau von Kohlenstoffspeichern kannst du als Verbraucher folgendes tun:
- Reduziere die Nutzung fossiler Brennstoffe: Suche nach Heizalternativen zu Erdöl und Gas – beispielsweise Geothermie -, beziehe primär grünen Strom, nutze nachhaltige Mobilitätsmodelle wie Carsharing und E-Autos oder steige für kurze Strecken aufs Fahrrad oder den ÖPNV um.
- Kaufe bevorzugt torffreie Blumenerde. Damit schützt du unsere Moore.
- Unterstütze Waldaufforstungsprojekte und kaufe Holz mit Siegel, damit du sichergehen kannst, dass es aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.
- Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Reduziere daher deinen Plastikverbrauch, um mehr Kohlenstoff im Öl zu belassen.
- Verzichte möglichst auf Produkte mit Palmöl und Palmfett: Für den An- und Abbau werden der Regenwald und Torfwälder dezimiert.